Was für eine Hitzeschlacht - Ith-Hils-Weg 2022
Nach dem eher feucht-frischen Erlebnis im Harz mehr als anderthalb Jahre zuvor hatten wir diesmal die Wanderung in den Sommer verlegt. Nachdem wir 2021 wegen dieser komischen Pandemie absagen mussten, sollte es statt im Oktober diesmal im Juli losgehen. Es ging etwas weiter nach Westen ins Weserbergland. Der Ith-Hils-Weg sollte es sein, ein Rundweg über den Ith und Hils (Überraschung!). Das sind zwei Höhenzüge, die erstaunlich viel Natur und erstaunlich wenig Zivilisation (zumindest auf den eigentlichen Wanderungen, wir mussten nicht in Höhlen schlafen) bieten. Wandern im Juli... "sommerliche Temperaturen" traf es schon nicht mehr so ganz. "Hitzeschlacht" ist eher der passende Fachbegriff. Aber von vorn...
Inhalt
- Inhalt
- Anreise - Diesmal ganz günstig
- Tag 1 - Kurze Höhlentour und schönes Abendessen
- Tag 2 - Eine Wanderung mit zwei Bergen... und einem Hotel nur für uns
- Tag 3 - 38 °C und es... naja, wissen schon
- Tag 4 - 11 ½ Liter Wasser und der Beginn eines Horrorfilms
- Tag 5 - Kühlere Temperaturen und etwas Wasser von oben
- Tag 6 - Zurück zum Start
- Letzter Tag & Rückreise
Anreise - Diesmal ganz günstig
Die Anreise war diesmal außergewöhnlich günstig. Deutschland hatte sich 2022 ja tatsächlich mal an einem zugänglichen öffentlichen Nahverkehr versucht und das 9-Euro-Ticket eingeführt. Das bedeutete zwar ein klein wenig Gondelei im Nahverkehr, war aber natürlich preislich unschlagbar. Rund 3,5 Stunden Regionalbahnen und wir standen in Alfeld (Leine) am Bahnhof, Rucksäcke geschultert und etwas besorgt wegen der Wettervorhersage (warm, noch wärmer und sehr warm). Wir konnten uns noch gemütlich ein Eis und einen Spaziergang in der Alfelder Innenstadt gönnen, bevor wir unser Zimmer im Hotel bezogen.
Alfeld wird übrigens aus quasi allen Blickwinkeln von einer großen Papierfabrik dominiert. Offenbar hat Papierherstellung eine lange Tradition in der Stadt. Im Laufe der Zeit wurde die immer größer und nimmt heute doch einen ziemlich zentralen Platz in der Innenstadt ein (inklusive hohem Schornstein). Interessanter Kontrast zur mittelalterlichen Altstadt direkt nebenan.
Am Abend hatten wir dann noch einen kleinen Spaziergang zurück zum Bahnhof vor uns. Aus gutem Grund: diesmal sollte es klappen mit uns und Lütti. Nachdem im Harz kurzfristig was dazwischengekommen war, passte diesmal alles und wir konnten sie am Abend noch einsammeln. Dann wieder zurück ins Hotel und noch eine ruhige Nacht genießen.
Tag 1 - Kurze Höhlentour und schönes Abendessen
Der nächste Tag holte uns dann doch schon recht früh aus den Federn. Bei warmem Wetter ja generell eine gute Idee, dass man anfängt, solange die Sonne noch nicht zu sehr brennt. Kurz nach halb acht standen wir abflugbereit auf dem Parkplatz des Hotels, hatten die Strecke rausgesucht und liefen nach einem kurzen Los-geht's-Selfie ging es dann erstmal den Berg runter (Hotel war, wie auf dem Foto zu sehen, recht weit oben), um dann auf der anderen Seite wieder aufzusteigen.
Das schöne an der gesamten Wanderung (und letztlich der kritische Teil, ohne den es in dem Jahr schlicht nicht geklappt hätte): quasi der gesamte Wanderweg ist im Wald. Er verläuft zwar entlang verschiedener Höhenzüge, aber die sind zum Glück dicht mit Laubwald bestanden. Anders wären die Temperaturen (vor allem in den noch kommenden Tagen) quasi nicht auszuhalten gewesen.
Das erste Highlight des Tages war die Lippoldshöhle, der Sage nach irgendwann mal von einem Räuber Lippold bewohnt. Tatsächlich ist die ursprüngliche natürliche Höhle im Laufe der Jahre ausgebaut worden und besteht heute aus drei Räumen: Küche, Stube und Gefängnis. Die Räume sind mit extrem schmalen und niedrigen Gängen verbunden, teilweise nur über Stahlleitern erreichbar. Vermutlich war die Höhle auch zu ihren Hochzeiten nie wirklich bequem. Man muss schon einigermaßen gelenkig (und nicht allzu beleibt) sein, um alle Teile der Höhle erreichen zu können. Ach ja und Platzangst wäre auch eher blöd.
Wir gönnten uns an der Höhle ein kleines Mittagessen (mitgebracht. Infrastruktur ist da nicht so.) und wanderten dann nach Brunkensen weiter. Dort hatten wir noch ein Zimmer für die Nacht ergattert, bevor unser Hotel am nächsten Tag in die Betriebsferien ging.
Das hatte uns bei der Buchung ursprünglich vor Probleme gestellt: das hoteleigene Restaurant sollte an dem Abend schon geschlossen haben (war dann doch nicht so, war uns dann aber egal). Nun ist Brunkensen nicht gerade eine Weltstadt, was das Abendessen ein klein wenig problematisch machte. Hier kam uns dann ein paar Wochen vorher der Zufall zu Hilfe. Manu ist im Enyaq-Forum aktiv und hatte da durch Zufall mitbekommen, dass eins der Forumsmitglieder in der Nähe des Hils wohnt. Sie hatte dann gescherzt, dass wir ja mal vom Hils winken könnten. Das hatte Volkmar und Chris dann bewogen, uns zum Essen einzuladen. Günstigerweise gerade an dem Abend, an dem es im Hotel nichts geben sollte. Wir machten uns dann also nochmal auf die Socken in den Nachbarort, wo die beiden mit ihren acht Hunden leben. Japp, acht Hunde. Die beiden haben lange Zeit Straßenhunde aus Portugal und Rumänien aufgepäppelt und vermittelt und einige sind eben übrig geblieben. Wir hatten jedenfalls einen sehr schönen Abend mit lecker Essen vom Grill und jeder Menge Hundehaaren, bevor uns Volkmar dann wieder zum Hotel gefahren hat.
Tag 2 - Eine Wanderung mit zwei Bergen... und einem Hotel nur für uns
Tag 2 brachte die kleine Hitzeschlacht, zumindest ganz am Ende. Warm war es ja durch die Bank weg, aber der alte alte Steinbruch bei Salzhemmendorf war dann schon nochmal eine Steigerung. Morgens ging es diesmal etwas entspannter los. Erst gegen halb 10 schwangen wir unsere noch etwas müden Glieder auf den Wanderweg bergan auf den Duinger Berg. Wie schon am Tag zuvor war der Anstieg eher überschaubar: zwar schon insgesamt 180 Höhenmeter, aber trotzdem recht erträglich und vor allem im Schatten. So blieb dann auch Zeit für einen Abstecher zum Hangrutsch Kirkedal. Dort ist (wie der Name schon vermuten lassen könnte) irgendwann mal der Steilhang abgerutscht. Klingt mittelmäßig spannend, ist es auch. Zwar sind ein paar der abgebrochenen Steine durchaus beeindruckend, aber im großen und ganzen ist der abgerutschte Hang mittlerweile komplett überwachsen, so dass man nicht so wahnsinnig viel sieht. Also weiter den Berg rauf, bis man dann auf einer Hochebene mal etwas Aussicht hat.
Der Pfad taucht dann aber relativ schnell wieder in den Wald ab und verläuft dann recht ereignisarm bis zum Leineberglandbalkon. Der bietet gleich zwei Sehenswürdigkeiten: zum einen den Blick in eben jenes Leinebergland nach Nordosten und den durchaus beeindruckenden Steinbruch Marienhagen. In letzterem wird Kalkstein abgebaut, auf dem die gesamte Landschaft ruht. Das ist vor allem farblich ein Kontrast zur umliegenden Landschaft.
Vom Leineberglandbalkon ging's dann erstmal ordentlich bergab in Richtung Marienhagen. Der Duinger Berg ist zuende und es geht auf den Thüster Berg. Der Ith-Hils-Weg schafft es dabei allerdings, das Dorf Marienhagen komplett zu umgehen und größtenteils hinter Büschen und Bäumen zu verstecken. Der Thüster Berg ist dann wieder komplett bewaldet und bietet viel Grün und Ruhe. Highlight auf dem Teilstück dann: der Lönsturm auf dem Kanstein. Benannt ist der nach Hermann Löns, dem "Heide-Dichter" (der uns später dann in einem anderen Urlaub in der Lüneburger Heide wieder begegnen sollte), der wohl des öfteren in der Gegend war. Kennen wir ja von zuhause, wo jedes zweite Dings "Goethe-irgendwas" heißt. Dichter haben einfach ein Talent Sachen nach sich benannt zu bekommen. Der Turm ist eine interessante Konstruktion: ursprünglich mal 28 Meter hoch geplant konnten zunächst mangels Kohle nur 18 Meter gebaut werden. Irgendwann waren die Bäume rundrum dann so hoch gewachsen, dass die "Aussicht" nur noch 20 Meter weit bis in die Baumkronen war. Daher hat man dann 1972 den Turm mit einem Metallgestell auf 23 Meter und schließlich 1997 auf 26 Meter erhöht. Wenn man den Turm von außen anguckt, dann hat man heute einen Sockel aus Sandstein (der ursprüngliche Turm) und zwei Aussichtsplattformen obendrüber (die von 1972 und die von 1997). Glücklicherweise sind die umstehenden Buchen mittlerweile ausgewachsen, so dass wohl erstmal keine Erhöhung mehr ansteht.
Der Lönsturm war dann der letzte Höhepunkt (im geographischen Sinne) des Tages. Von dort an ging es deutlich bergab in Richtung Salzhemmendorf. Unterwegs ging es dann noch durch den eingangs schon erwähnten Steinbruch. Der ist zwar mittlerweile aufgegeben und mit Bäumen bepflanzt, aber die bieten noch nicht wirklich Schatten. Der Talkessel nach Süden tut sein übriges um die Wärme einzufangen und zu halten. Die 500 Meter durch den Steinbruch haben mehr Schweiß gekostet, als die ganze Strecke am Tag vorher. In Salzhemmendorf hatten wir Zimmer im Ratskeller gebucht. Besonderheit: sowohl das Restaurant, als auch das Hotel waren an dem Tag geschlossen. Der Schlüssel war für uns hinterlegt worden, so dass wir das gesamte Haus für uns hatten. Wir haben uns dann daher im örtlichen Supermarkt mit Vorräten für das Abendessen versorgt und das auf dem Balkon unserer Zimmer genossen. Auch sehr schön...
Tag 3 - 38 °C und es... naja, wissen schon
Der erste der zwei wärmsten Tage des Jahres und wir sind wandern. Ganz großes Kino. Aber wer kann das schon ahnen, wenn man einige Monate im Voraus die Wanderung plant? Und kurzfristiger ist sowas schwer möglich (es sei denn, man will mit Zelt wandern). Generell ist es schon etwas problematisch, Unterkünfte für eine Nacht zu finden. Ferienwohnung etc. sind eigentlich immer raus, weil die am liebsten ab einer Woche aufwärts wollen. Hotels sind normalerweise kein Problem, aber je abgelegener (und damit schöner) der Wanderweg, desto geringer die Chance auf ein Hotel unterwegs. Meist ist also etwas planerischer Vorlauf gefordert, was dann halt Unsicherheiten beim Wetter lässt. Naja, wir hatten also alle verfügbaren Wasserbehälter aufgefüllt und waren so knapp bekleidet, wie sinnvoll möglich, losgelaufen.
Ab jetzt ging es dann auch auf die namensgebenden Höhenzüge des Wanderweges. Bisher waren wir ja auf der Nordseite der Schleife auf dem Duinger und Thüster Berg unterwegs gewesen. Heute war dann aber der Ith dran. Zumindest so ein bischen. Erstmal in einer großen Schleife am nord-westlichen Ende bis nach Coppenbrügge, damit wir dann am nächsten Tag mit Anlauf den gesamten Höhenzug meistern konnten. Der Weg führte wieder eher über kleine, versteckte Pfade, was ihm eine wunderbare abgeschiedene Note verleiht. Denkt man beim Blick auf die Karte gar nicht so, aber die Wegführung ist wirklich geschickt.
Unsere Unterkunft für den Tag war das Hotel am Bahnhof in Coppenbrügge. "Am Bahnhof" trifft es übrigens nur so halb. Eigentlich ist es der Bahnhof. Oder war mal, zumindest. Heute ist der Bahnhof, wie in so vielen Fällen, einfach nur noch ein Haltepunkt. Das alte Bahnhofsgebäude wurde in der Zwischenzeit zum Hotel umgebaut. Im gleichen Gebäude findet sich noch ein Dönerladen, in dem ich mich natürlich gleich mal massiv blamieren musste. Wir hatten dort wegen Zugang zum Hotel gefragt und ich hatte meinen Wanderstock kurz an die Theke gelehnt. Plötzlich hörte ich neben mir ein kurzes Kratzen und ein Scheppern. Ohne hinzugucken war mir klar, was passiert war: mein Stock war gekippt und hatte die auf dem Tresen stehenden leeren Biergläser mitgerissen. Was für ein Einstieg...
Wir haben uns am Abend dann trotzdem nochmal in den Laden getraut und uns was zum Abendessen gefangen. Ein gemütlicher Abend auf der Terrasse, Leute beobachten, die gerade erfahren, dass der Zug nicht nur zu spät ist, sondern ganz ausfällt... was man halt so tut. Unweigerlich kam das Thema "Wetter" wieder auf: für den nächsten Tag waren noch wärmere Temperaturen angesagt. Der Tag sollte gleichzeitig unser längster werden: 23 km nach Capellenhagen, quasi den gesamten Ith entlang. Ursprünglich halb im Scherz hatten wir überlegt, ob wir vielleicht mitten in der Nacht loslaufen sollten. Während die Damen noch darüber sinnierten, was denn alles schwierig daran wäre, spontan loszulaufen, war ich mal wieder mehr so der Typ "Ach, kack drauf! Wir machen erstmal und sehen dann!" Zum Glück liesen die beiden sich schnell überzeugen, nochmal in den benachbarten Supermarkt zu hüpfen, bevor der schließen würde, Vorräte aufzustocken und dann zügig in Richtung Bett zu verschwinden. Am nächsten Morgen wollten wir nämlich deutlich vor Sonnenaufgang los...
Tag 4 - 11 ½ Liter Wasser und der Beginn eines Horrorfilms
Die Zahl des Tages: 11 ½ Liter. Soviel Wasser hatten wir in der Summe auf unsere drei Rucksäcke verteilt, um den wärmsten Tag des Jahres (wie sich im Nachhinein rausstellen sollte) zu überstehen. Erstmal standen wir kurz nach 4 schon... naja, sagen wir "wach" für unser Los-geht's-Selfie vorm Hotel.
Mit der Wassermenge ist das so eine Sache: Lütti hat die interessante Eigenschaft, nicht zu schwitzen. "Boah, cool!", mag sich der eine oder andere denken (vor allem wenn man, wie ich, im Sommer des öfteren einfach mal in seinen Klamotten festklebt). Blöd nur: bei 39 °C und Wandern wird das dann langsam zum Problem hinsichtlich Kühlung. Schwitzen ist ja nicht zur Deko. Wir hatten also an dem ganzen Tag schon eine gewisse Menge unseres Wasser eingeplant, damit sie sich im Zweifelsfall die Klamotten halt künstlich feucht halten konnte. Zusammen mit den Medikamenten, die ich zu dem Zeitpunkt nehmen musste, die unter anderem zu erhöhtem Schwitzen (und damit höherem Flüssigkeitsverlust) führten, wurden die ach so vielen Liter Wasser dann am Ende schon knapp. Hätte definitiv mehr sein können an diesem Tag.
Der Ith-Hils-Weg zieht sich über den Kamm des Ith, einem Kalksteingebirge. Der Untergrund ist eine Art Fels, der genügend Löcher und Spalten hat, um das Wasser sehr schnell verschwinden zu lassen. Das sah man der Vegetation auch sehr deutlich an. Ich hatte vorher noch nie Brombeeren gesehen, die die Blätter hängengelassen haben. An dem Tag schon. Die Bäume haben ja zum Glück Schatten geboten. Wie dringend der notwendig war, konnte man jedesmal sehen, wenn der Wind es doch mal geschafft hatte, einen umzuschmeißen und damit eine Lichtung zu schaffen. Die Luft in der Sonne war jedesmal wie ein Schlag mit dem Hammer.
Die Wärme führte unterwegs zu lustigen Gesprächen (in dem Fall mit einem entgegenkommenden Päärchen):
"Hey. Warm heute, hm?""Ja, schon. Aber da hinten wird's besser. Da schneit es fast."
"Ah, gut, gut. Ja, ein paar Meter hinter uns kommt gleich ein schöner kühler Bergsee."
Voll normal also.
Irgendwann ging mein Kopf dann einfach in den Automatikmodus, so dass zumindest ein Teil der Wanderung in meiner Erinnerung recht verschwommen ist. Etwas blieb mir dann aber doch in Erinnerung: ein Großteil des Weges verläuft als schmaler Pfad durch ein Naturschutzgebiet. Wunderbar idyllisch, auch wenn man dafür manchmal über umgefallene Bäume klettern muss. Die Ausblicke sind auch immer wieder sehr schön (und vor allem weit). Der Ith steht ja recht einsam in der Ebene, so dass man zwischen den Bäumen immer wieder kilometerweit in die Landschaft schauen kann.
Der Rest des Tages war dann größtenteils mehr von dem gleichen: kleine, schicke Wege im (verhältnismäßig) kühlen Wald (so kühl es halt an einem 40-°C-Tag sein kann). Irgendwann haben wir dann noch den 52. Breitengrad überquert, was so ziemlich der Höhepunkt der Sehenswürdigkeiten auf den letzten Kilometern war.
Trotz des extrem frühen Starts und der doch recht umfassenden Menge an Wasser war es 2 km vorm Ziel dann soweit: das Wasser war alle. An so einem Tag reichen auch mehr als 3 Liter pro Nase nicht unbedingt aus. Zum Glück hat der Vorrat dann doch fast bis zu dem Punkt gereicht, an dem wir den Ith-Rücken verlassen und zu unserer Unterkunft für die Nacht absteigen wollten. Der Mund wird dann schon recht schnell recht trocken, zumal der geplante Weg zum Campingplatz nicht gerade breit und gut ausgebaut, sondern zum Teil mit Klettereien durch umgefallene Bäume und Gebüsche verbunden war.
Nach einer recht langen letzten Stunde kamen wir dann auf einem verlassenen Campingplatz an. Keine Ahnung, wieso da gerade keiner war. Vielleicht keine Saison oder sonstwas. Die Außenwaschbecken des Platzes sahen entsprechend länger unbenutzt aus: staubig, mit alten Blättern im Becken. War uns egal, wir waren durstig: erstmal alle Hähne aufdrehen, das Wasser etwas laufen lassen und dann ein paar Hände voll frisches Wasser... Ich bin schon manchmal echt happy in einem Land zu leben, wo ich selbst den Außenwaschbecken einen Campingplatz bzgl. der Trinkwasserqualität trauen kann.
Der Abend hatte noch ein wenig Gruselfaktor für uns. Der Campingplatz hat eine Ferienwohnung, die wir für die Übernachtung gebucht hatten. Wir haben also geklingelt, wurden freundlich begrüßt und wurden nett gebeten, doch ums Haus zum Eingang der Wohnung zu kommen. Uns wurde von innen geöffnet, wir bekamen eine kurze Führung und gut. Etwas später, während wir uns gerade etwas ausruhen wollten, stand die Betreiberin plötzlich wieder in der Wohnung und wollte noch irgendwas besprechen. Da fiel uns dann die zweite Tür in der Wohnung auf, die in den anderen Teil des Hauses führte und von außen verschlossen war. Hervorragend! So gehen Horrorfilme los. Die zusätzliche Erklärung der Frau, dass wir uns über nächtliches Geklopfe an der Tür nicht wundern sollten, machte es nicht besser. Sie meinte, dass Ihre demente Schwiegermutter sich manchmal nachts im Haus verläuft. Hurra!
Oh, hatte ich schon erwähnt, dass wir zu dem Zeitpunkt schon festgestellt hatten, dass es in der ganzen Wohnung nur direkt auf dem Fensterbrett sitzend ein klein wenig Handyempfang gab? Jupp, alles total beruhigend... Egal, nach dem Tag wollten wir duschen, was essen und schlafen. Horrorfilm hin oder her. Also mit geeigneten Verrenkungen für Handyempfang gesorgt, Pizza und Getränke bestellt, geduscht und wieder nach draußen gesetzt. Mittlerweile war die Sonne zumindest in dem Tal weg, so dass die Temperaturen erträglich wurden.
Das Essen dauerte dann doch etwas länger. Erst hatte die Pizzaria keinen freien Fahrer und dann hat der Chef (der dann eingesprungen ist), sich auch noch verirrt. Naja, unsere Pizza kam dann inklusive zweier großer Colas als Entschuldigung, so dass wir uns nicht allzusehr beschweren wollten. Während wir da so saßen und an unseren Pizzas kauten, kam der Chef plötzlich wieder und meinte: "Könnt ihr noch zwei weitere gebrauchen? Ich hab hier noch ne Bestellung und find die Adresse nicht!" OK, haben wir genommen. Wir haben dann einen Teil an eine Familie mit Kindern verschenkt, die spät abends noch zum Campen kam und den Rest am nächsten Tag kalt zum Mittag gegessen.
Der Rest des Abends war nicht mehr allzu lang. Wir waren einfach fertig, sind in unsere Betten gefallen und zügig eingeschlafen.
Tag 5 - Kühlere Temperaturen und etwas Wasser von oben
Der fünfte Wandertag war dann das komplette Kontrastprogramm zu den beiden vorher. Statt Sonne und Trockenheit hatten wir bedeckten Himmel und sogar einen Wolkenbruch. Aber von vorn...
Wir hatten in der Nacht weder Geklopfe gehört, noch Leute plötzlich am Bett stehen gehabt, konnten also ganz entspannt durchschlafen. Einigermaßen erfrischt konnten wir also in den nächsten Tag starten. Raus aus dem Dorf und rein in die Wiesen und Felder. Die Landschaft war bestimmt von Hügeln mit abgemähten Wiesen. Schön für entspanntes Wandern; nicht unbedingt gesegnet mit spektakulären Ausblicken (ein paar schöne gab's trotzdem und einmal quert der Weg auch direkt die Landebahn eines Segelflugplatzes).
Anfangs war die Wanderung recht ereignisarm. Eher im Wald, deutlich kühler als der Vortag, was sollte schon groß passieren? Nun ja, ein leichtes Rumpeln in der Ferne kündigte an, was passieren könnte. Brüllende Hitze am Vortag, Gewitter an diesem.
Wir hatten allerdings zumindest etwas Glück und erreichten rechtzeitig eine Art Schutzhütte mit Aussicht (aus der auch das Foto entstand). So hatten wir in Ruhe Zeit, unsere Regenklamotten überzuwerfen und zumindest das schlimmste abzuwarten. Viel war dann tatsächlich nicht mehr los. Der Tag war dann noch im Nieselregen zuende zu laufen. Berg runter und ab ins Hotel für einen ruhigen Abend.
Tag 6 - Zurück zum Start
Der letzte Tag der Wanderung führte uns zurück zum Startpunkt nach Alfeld. Gleich zum Start wollte uns offenbar jemand in den Wald verlocken und hatte eine Spur aus Salzbrezeln ausgelegt:
So lecker fanden wir die vom Regen und Schlamm aufgeweichten Brezeln dann aber nicht und haben lieber die Wanderung durch den Wald und über die Felder fortgesetzt. Wie schon am Vortag war das Wetter eher feucht und diesig, was aber nach der wahren Hitzeschlacht an den Tagen zuvor eine sehr willkommene Abwechslung war. Zumal auch so ein Wetter durchaus für schöne Ausblicke gut ist.
Der Wanderweg führte nochmal in einer großen Schleife entlang des Höhenzuges mit seinen Karstfelsen. Diesmal allerdings eher unterhalb der Felsen entlang, statt über den Grat. Das sorgte für eine etwas andere Perspektive und bei den beiden Damen für Anflüge von Größenwahn. So ein Felsüberhang ist natürlich ständig vom Absturz bedroht. Da muss man doch was tun...
Der Wanderweg ist den Rest des Tages eher unspektakulär (was man auch daran merkt, dass ich kaum Bilder davon habe). Man wandert so vor sich hin, unterhält sich, guckt in die Landschaft und stolpert plötzlich regelrecht nach Alfeld rein. Wir waren tatsächlich leicht überrascht, als wir den Weg, auf dem wir ein paar Tage zuvor die Stadt verlassen hatten, wieder unter den Füßen hatten. So ein klassischer Moment von "Huch, ach hier sind wir!". Lütti wurde direkt abgeholt, weil sie noch am selben Tag zurück musste. Wir selbst sind ab ins Hotel und schon war der Tag wieder zuende. Es gab noch ein leckeres Abendessen im Hotel zum Abschluss und dann sollte es eine ruhige Nacht werden, bevor wir am nächsten Tag mit dem Zug zurück nach Ilmenau wollten. Leider hatte die Technik im Hotel andere Pläne...
Nachts um zwei wurden wir nämlich von einem Rauchmelder geweckt. Hatten wir so auch noch nicht, aber genügend Trainings auf Arbeit hatten uns ja darauf vorbereitet: raus aus'm Bett, Klamotten und Schuhe an, unsere bereits gepackten Rucksäcke geschnappt (ja, die soll man nicht mitnehmen, aber da wir nichts packen mussten, sondern die einfach nur aufheben, war das OK) und raus. Auf dem Parkplatz vorm Hotel dann die erste Überraschung (naja, eigentlich nicht): 12 Autos auf dem Parkplatz, 12 Leute draußen und davon waren einige Päärchen und/oder nicht mit dem Auto da. Sprich: ein signifikanter Anteil der Gäste hatte beschlossen, einfach weiter zu schlafen. Zweite Überraschung: keiner hat die Feuerwehr alarmiert. Da kein offensichtliches Feuer erkennbar war, haben wir darauf auch erstmal verzichtet und stattdessen den Hotelier angerufen. Das Gespräch war schon... bemerkenswert:
Manu: "Hier im Hotel geht der Feueralarm. Wir können erstmal kein Feuer erkennen."Hotelier: "Alarmieren die alle oder nur ein einzelner?"
Manu: "Scheint nur ein einzelner zu sein."
Hotelier: "Bestimmt ein Fehlalarm. Hm, können Sie den ausmachen?"
Manu: "Äh... Nein?"
Hotelier (leicht genervt): "Jaja, ich komme."
Er kam dann, riss den Feuermelder samt Halterung (und Teilen der Tapete) von der Decke und ging wieder heim. Wir (und all die anderen Gäste, die aufgestanden waren), haben uns halt wieder schlafengelegt. Feuer war ja offenbar keins. Zumindest kamen wir so zu einem Foto vom nächtlichen Alfeld:
Letzter Tag & Rückreise
Der letzte Tag war eigentlich kein richtiger Wandertag mehr, sondern hauptsächlich geprägt von der Rückreise im Zug. Weil der Ith-Hils-Weg nicht ganz 100 km lang ist, hatten wir von vornherein geplant, vom Bahnhof nach Hause zu wandern. Die 5 km haben die Muskeln nochmal ein wenig gelockert, waren aber relativ ereignislos. Einen schönen Frosch haben wir im Wald gesehen:
Was nehmen wir als Fazit aus der Wanderung mit? 38 °C sind dann doch etwas jenseits unserer Komforttemperatur. Langstreckenwanderungen sollte man also vielleicht eher ins Frühjahr oder den Herbst legen (was wir auch seitdem immer wieder gemacht haben). Das Weserbergland ist durchaus eine nette Landschaft, wenn auch nicht ganz so spektakulär, wie der Harz oder Nordengland (wobei letztere Wanderung ja auch deutlich länger und damit abwechslungsreicher war). Und: manchmal lernt man durch Foren im Internet nette Leute kennen, die einen auf einer Wanderung dann mit Essen versorgen, wenn das Hotel keins hat. Auch schön...